altes-angelgeraet-header2

allcocks-teaserDie Firma Allcocks zählte zu den größten Angelgeräte-Herstellern der Welt. Die Firma wurde ursprünglich - irgendwann um 1800 - vom Angelhaken-Schmied Polycarp Allcock gegründet. Übrigens, es wird erzählt, das Polycarp nie in seinem Leben geangelt haben soll. Redditch zählte zum Beginn des 19. Jahrhunderts etwa 500 Einwohner: 50 davon arbeiteten als Hakenschmiede, 20 weitere stellten Angelgeräte her. 1829 erblickte Polycarps Sohn Samuel das Licht der Welt - der jüngste Sohn aus dritter Ehe - er sollte den Welterfolg der Firma einleiten.

 Wandernde Händler
Seit seinem zehnten Lebensjahr zog Samuel zusammen mit seinem Vater auf Pferd und Wagen durch England, um Angelgeräte und Haken zu verkaufen. Mit 15 machte er sich schon alleine auf, mit 19 übernahm er die Firma von seinem 77-jährigen Vater - das Firmen-Vermögen belief sich auf 17 Pfund.

Samuel vergrößerte die Firma systematisch: Im Laufe der Jahre stellte er immer mehr Experten ein: Posenbauer, Hakenschmiede, Rutenbauer. 1862 stellte die Firma Allcocks erstmals im Ausland aus - die Fachmessen in Toronto und Bergen entwickelten sich zum vollen Erfolg.

1866 besaß Allcocks 30 Mitarbeiter, darunter sieben Rutenbauer, die Firma musste innerhalb Redditchs umziehen. Schnell wuchs die Firma auf 60 Angestellte. Der Bedarf an Ruten war so hoch, dass die Rutenbauer täglich bis 22 Uhr arbeiten mussten. George Andrews zuständig für die Kunstköder-Herstellung. Die meisten Modelle wurden aber von der Firma Gregory zugekauft.

1868 stellet Allcocks in Turin und Paris aus - mit großem Erfolg: Sogar der Schah von Persien bestellte eine Angel-Kollektion. Erst 1873 stellte Allcocks die erste eigene Rollen her, alle Modelle zuvor wurden von anderen Herstellern zugekauft. 1879 wurde die Firma mit nunmehr mehr als 400 Mitarbeitern erstmals als größter Angelgeräte-Hersteller der Welt bezeichnet. Das Unternehmen bediente jetzt auch den nordamerikanischen und australischen Markt. Auch die Kronkolonie Indien wurde beliefert.

allcock-werk2

Foto: Das Allcocks Werk in Redditch, England.

Die erste Splitcane
1879 gelang ein Durchbruch: Allcocks stellte die erste sechsfach gespließte Splitcane-Rute Europas her, der Rutenbauer dem diese Glanzleistung gelang, hieß Alfred Wilmore. Zu gleichen Zeit experimentierte der Konkurrent Hardy's noch mit der Herstellung - erst 1883 folgten dann auch Modelle von Hardy's und Farlow's. In den USA waren vierfach gespließte Ruten schon seit 1845 im Handel.

1880 stellte Allcocks auch in Würzburg und Berlin aus. Kaiser Wilhelm besuchte den Messestand in Berlin und Samuel erklärte ihm seine Schaukästen. Die deutsche Fachpresse überschlug sich - sie lobten die Firma, weil sie alle ihre Geräte selbst herstellte. Etwas, was man damals über die deutschen Angelgeräte-Firmen noch nicht sagen konnte.

Fürstliches Gastgeschenk
1889 besuchte der Schah von Persien sogar Redditch. Er wurde am Bahnhof von den Geräteherstellern und Stadträten V. Milward und S. Allcock empfangen. Das Gastgeschenk fiel fürstlich aus: Gespließte Forellenrute 10', eine in Silber gefasste Ebenholzrolle, zwei Seidenschnüre in einer mit blauem Samt ausgeschlagenen Mahagony-Schatulle. Aber das war nicht alles: In einer Köder-Box aus marokkanischem Leder fand der Schah Kunstköder aus Seide, Gummi und Nickel, Blinker, Fliegen, künstliche Maden, Posen, Wirbel und Lachsfliegen. Sammler würden heute Unsummen für dieses Angelset zahlen.

Die Katastrophe
Aber es gab auch Rückschläge: 1891 brannte das Holzlager ab. Ein unvorstellbarer Verlust für die Firma, denn dort wurde der Vorrat für zwölf Jahre von wertvollen tropische Ruten- und Rollenhölzer gelagert. Das laute Knacken des brennenden Bambus - denn nach diesen Geräusch ist "Bam-boo" benannt - konnte damals kilometerweit gehört werden. Doch keine Spur von Resignation: Schon am nächsten Tag schickte Samuel seine Einkäufer in die Welt, auf der Suche nach geeigneten Hölzern.

allcocks-kunstkoeder

Foto: Alte Kunstköder aus einem Allcocks Katalog von 1887.

Berühmter Angestellter: James William Young
Young, geboren 1870 in Redditch, war der Sohn des Rollenbauers James Young. Der Vater arbeitet schon seit 1874 bei Allcocks, er leitete dort die Rollen-Herstellung. Schon früh trat auch der Sohn als Feinmechaniker in die Firma Alcocks ein. Er entwickelte dort unter anderem die bis heute berühmte Aerial Centrepin-Rolle.

Später gründete er seine eigene Firma "JWYoung & Sond Ltd". Während des 2. Weltkrieges stellte sie Feuerknöpfe für die Spitfire-Jagdflugzeuge her. Unmittelbar nach dem Krieg entwickelte Youngs die Ambidex-Rolle, die in verschiedenen Versionen bis in die 60-er Jahre produziert wurde. Der Hersteller hatte aber noch viele weitere Rollen-Modelle im Programm: Gildex, Rapidex, Trudex, Windex, Seldex, Landex usw.. Viele dieser Rollen wurden auch von Allcocks als eigene Rollen vertrieben.

allcock-aerial-popular-centrepin

Foto: Unter Anglern heute noch beliebt: Centrepins (Achsrollen) von Allcocks. Hier das Modell "Popular" aus ca. den 1940er Jahren.

Zu ihrer erfolgreichsten Zeit hatte die Firma Young & Sons 100 Mitarbeiter. 1963 wurden Allcocks und Youngs von Noris-Shakespeare aufgekauft. Shakespeare hatte zur gleichen Zeit die Firmen Noris und Brink in Deutschland geschluckt. 1969 stellte Shakespeare leider aus ungeklärten Gründen die Rollenproduktion von JWYoung & Sons ein. Die "Swift Manufacturing Company" übernahm glücklicherweise die Rollenproduktion und ließ 1984 die bekannte alte Firma mit Fliegenrollen-Serien wieder aufleben. 1993 brachte Swift zudem die Purist Centrepin auf den Markt, ein Nachfolgemodell der berühmten Aerial Achsrolle. Noch heute wird diese Firma vom Nachfahren Jim Young geleitet.

Den in Anglerkreisen bekannten Namen "Ambidex" übernahm Shakespeare für ihre eigene Rollenserie.

Text: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Fotos: W. Kalweit