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hardy-teaserEine der traditionsreichsten Angelgerätefirmen ist das House of Hardy (Alnwick, England). Die Firmengeschichte ist seit dem späten 19. Jahrhundert eine Erfolgsstory. Doch wie fing alles an? Wie kam es zu diesem Erfolg? Der folgende Beitrag soll ein wenig Licht in die spannende Vergangenheit bringen.

 

England – Wiege der modernen Angelei

England ist seit jeher ein Land, in dem nicht nur die Jagd, sondern auch die Fischerei einen großen Stellenwert einnimmt. Vielleicht hat es mit dem Erfolg des Buches „The Compleat Angler - or the Contemplative Man's Recreation“ zu tun. Dieses literarische Meisterwerk von Izaak Walton (1593-1683) ist kein gewöhnliches Angelbuch. Es umschreibt auf beeindruckende Weise die Kunst der Fischerei und das interessante Wesen der angelbaren Fischarten. Seit der Erstauflage im Jahre 1653 erschien es in zahlreichen Sprachen und ist eines der meistgedruckten Bücher weltweit! Noch heute sind Re-Prints, auch in deutsch, erhältlich.
Fischte man auf dem Kontinent noch mit einer Haselnussgerte an die man einen Hanffaden oder ein Pferdehaar knüpfte, so sah das angebrochene 19. Jahrhundert in England bereits die Angelrolle. Die Insel war das Land der Fischerei-Innovationen!

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Foto: House of Hardy - Das berühmte Londoner Ladenlokal in der Pall Mall Street. (Fotos: W. Kalweit)


Die Hardy Brothers

In dieser Zeit wurden William (1853-1917) und John James (1854-1932) Hardy geboren. Als junge Männer entschieden sich beide Anfang der 1870er ihre Manufaktur für Essbesteck zu erweitern. William richtete sich daraufhin 1872 als Waffenschmied in seiner Heimatstadt Alnwick in Northumberland ein. Die Produktion umfasste sowohl Pistolen als auch Gewehre. 1873 folgte ihm sein Bruder John James. Die ‚Hardy Brothers’ Partnerschaft begann. Obwohl der Verkauf der Hardy-Waffen zufriedenstellend war, ließ sie ihre Leidenschaft für die Angelei schnell eine andere Richtung einschlagen. Sie spezialisierten sich ab 1876 auf Angelgerät!

In den ersten Jahren gab es Hardy Ruten aus Hickory und Greenheart, ab 1880 auch aus Bambus. Das Gerät unterschied sich jedoch nicht von den eher klobigen Konkurrenzprodukten. Obwohl sich die Hardys in dieser Zeit 'makers' nannten, wird davon ausgegangen, dass sie lediglich Produkte anderer Hersteller unter ihrem Namen verkauften.

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Foto: Eine Hardy Silex Major aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Das besondere: Sie hat eine aufgenietete Plakete des traditionsreichen Münchener Angelgeräteherstellers Stork.

Im Jahre 1891 patentierten sie jedoch ihre erste Fliegenrolle, die sie selbstsicher 'The Perfect' nannten. Es war aus heutiger Sicht eine einfache Rolle aus Messing mit simpler Schnurführung aus Draht. Doch die Spule lief auf einem Kugellager, um den Reibungswiderstand zu verringern. Zudem war sie bereits mit einer justierbaren Bremse ausgestattet. Handwerklich waren es ausgesprochene Meisterwerke! Später folgten Modelle aus Aluminium, was die Rollen auch noch ausgesprochen leicht machte. Das Rollendesign der späteren 'Perfect' war so 'Perfekt', dass es bis heute  - mit nur geringfügigen Modifikationen - produziert wird. Inklusive der 1896 patentierten Grund und Spinnrolle 'Silex' wurden bis heute über 100 verschiedene Modellversionen gefertigt!

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Foto: Hardy Kunstköder aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg.


Business Men und Sachverstand

Die Hardy Brüder waren verantwortlich für viele Neuerungen in der britischen Angelgeräteherstellung. Sie entwickelten beispielsweise ein Verfahren zur Herstellung von gespliessten Ruten. Die ersten 'split canes' kamen jedoch vermutlich bereits in den 1870er Jahren aus Amerika. Nichtsdestotrotz gewann die gespliesste Fliegenrute 'Palakona' zahlreiche Preise. Diese Rutenserie zählt noch heute zum Standard im Rutenbau.

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Foto: Hardy baute die besten gespließten Ruten ihrer Zeit. Hier abgebildet eine No. 3 Spinning aud der Zeit 1948-1952.

1907 wurden die Hardy Brothers zur 'limited company', einer Art GmbH. Den Brüdern wird unternehmerischer Kampfgeist zugeschrieben. Sie versuchten ständig ihre Aktivitäten zu erweitern. So kam es, dass die 'Hardy Brothers (Alnwick) Limited' 1933 in die Produktion von hölzernen Golfschlägern einstieg. Nach zwei Jahren, mit dem Aufkommen von Metallschlägern, wurde dieser Geschäftszweig jedoch wieder geschlossen.

Der Verkauf von Angelgerät verlief jedoch hervorragend. Hardy hatte immer das Gespür für Innovation und Qualität. Kein Wunder, so waren doch viele Hardys hervorragende Angler. John James war Weltmeister im Flugangel-Tunierwerfen. Unter Williams Söhnen, die das Unternehmen weiterführten, fanden sich auch begnadete Sportangler. Lawrence Robert Hardy (LRH) (1884-1958) war einer der meistangesehen Fliegenfischer seiner Zeit. Williams Enkel James L Hardy (JLH) (1927-) war ein erstklassiger Turnierwerfer. Er schaffte es auf 25 Rekorde bei den Britischen Landesmeisterschaften!
Man war aber nicht nur offen für Anregungen aus der eigenen Familie. Es wurden dankend Anregungen von anderen Sportfischern aufgenommen. Diesem Streben nach Perfektion verdanken wir beispielsweise die nach ihren Erfindern benannten Rollenmodelle 'Bouglé' und 'Barton'.

Die Hardys erkannten auch früh, wie wichtig es ist, ihre Produkte angemessen zu vermarkten. Seit 1876 wird fast ununterbrochen jährlich ein Katalog (später „Hardy's Anglers' Guide“) veröffentlicht. Dieser Katalog war stets reich bebildert, was schon damals das Herz des Petri-Jüngers höher schlagen ließ. Heute sind diese Kataloge für den Hardy-Sammler eine enormer Schatz an Information.


Die Nachkriegszeit

Während des Zweiten Weltkrieges ging es Hardy ähnlich wie vielen metallverarbeitenden Betrieben. Sie mussten Munition herstellen. Doch bereits unmittelbar nach Kriegsende wurde die erfolgreiche Produktion von Angelgerät fortgeführt.

Von Problemen blieb auch die 'Hardy Brothers (Alnwick) Limited' nicht verschont. Die Firma geriet Ende der 70er Jahre in eine Krise, die auf ihrem Höhepunkt 1983 zu einer Drei-Tage-Woche führte.
Aber es ging wieder aufwärts. Hardy patentierte die erste Kohlefaser-Fliegenrute, erlangte Ansehen mit der Herstellung der 'Fibatube' Blanks, gründete 1984 die 'Hardy (USA) Inc.', erzielte große Exportgewinne.... Die Erfolgsstory ging also weiter!

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Foto: Bis heute ist Hardy insbesondere berühmt für seine hochwertigen Fliegenrollen. Hier abgebildet eine Hardy LRH Lightweight.


Ausblick

Sich ihrer traditionsreichen Geschichte bewusst, gründete die 1985 in „House of Hardy“ umbenannte Firma das Hardy Museum in Alnwick. Es wurde im July 1987 feierlich von Prinzessin Margaret eröffnet. Der Fundus setzt sich zusammen aus Stücken der Familie, und von Sammlern aus aller Welt. Das Museum ist täglich geöffnet und gilt als eines der größten Fischereimuseen weltweit.

Mit dem Museum ist das Kapitel 'Hardy' noch lange nicht geschlossen. Die Firma setzt weiter auf hochwertige Materialien und hochwertigste Verarbeitung. Auch wenn es teurer ist, so wird fast alles in Alnwick produziert. Tradition verpflichtet!
Alnwick ist somit sicher einen Besuch wert. Und das nicht nur für Harry Potter Fans, die in Massen zum Alnwick Castle pilgern, zum Drehort des verfilmten Bestsellers.


Text und Fotos: Wolfgang Kalweit