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mitchell-teaserNur wenige Kilometer nördlich des höchsten Gipfels der Alpen, dem Mont Blanc, wurden bereits im 19. Jahrhundert die Grundsteine einer der erfolgreichsten Angelgerätefirmen weltweit gelegt: Mitchell!

 

Im Herzen der französischen Alpen, nahe der italienischen und schweizer Grenze, liegt die Stadt Cluses. Sie wurde bereits im 18. Jahrhundert für ihr Uhrmacher-Handwerk bekannt. 1848 wurde die renommierte Uhrmacherschule l'Ecole d'Horlogerie eröffnet und trug fortan dem guten Ruf Cluses bei.
Einer der ersten Absolventen war Louis Carpano, der bekannt für seine hervorragende Arbeit war. Nachdem er einige Jahre in der Genfer Uhrwerkfabrik arbeitete, kehrte er 1868 nach Cluses zurück, um als Teilhaber in Francois Jacottet's Uhrenfabrik einzusteigen. Vier Jahre später leitete er sie.

Im Jahre 1902 übergab L. Carpano die Fabrik seinem Neffen Constant Carpano. Dieser führte die Produktion bis zum Ersten Weltkrieg fort. Während der Kriegsjahre musste er jedoch wie viele andere Handwerksbetriebe Munition herstellen. Nach dem Krieg ging die Produktion von Uhrwerken und Teilen weiter.

1927 starb C. Carpano. Die Firma wurde fortan von seinen Erben und seinem Schwiegersohn Charles Pons weitergeführt. 'Carpano & Pons' stellte neben Uhren und Haushaltsartikeln nun auch Ruten, Rollen und Kunstköder her.
Die erste Rolle ist die 'C.A.P. Doigt', die etwa von 1938 bis 1954 gebaut wurde (Doigt= 'Finger', bzw. Finger-Pick-Up). Sie basierte auf einer bereits existierenden Rolle namens 'Pecos'. Die 'C.A.P. Doigt' wurde später zur 'Mitchell 304'.

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Foto: Mitchell C.A.P. (Fotos: W. Kalweit)

 

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Foto: Mitchell 304. Nachfolgemodell der C.A.P.

Das wohl bekannteste Produkt, dass die Firma je hergestellt hat, ist die berühmte 'Mitchell' Stationärrolle. Sie wurde von dem Ingenieur Maurice Jacquemin entworfen und erblickte 1948 nach zweijähriger Entwicklungsphase das Licht der Welt. Benannt wurde sie übrigens nach C. Pons verstorbenen Bruder 'Michel'. Da Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg Mode in Europa war, machte man einfach aus 'Michel' die amerikanisierte Form 'Mitchell'. Man versprach sich davon einen höheren Umsatz. Gebaut wurde die Rolle von 1948-54. Das Nachfolgemodell 'Mitchell 300' wurde leicht modifiziert und so bis 1977 sehr erfolgreich vertrieben.

 

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Foto: Die berühmte 'Mitchell'. Die abgebildete Rolle hat schon ihr Anglerleben hinter sich, funktioniert aber noch einwandfrei. Die Lackierung war ursprünglich schwarz.

 

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Foto: Kopie des original Pantents der 'Mitchell'-Rolle.


Nach dem Tod von C. Pons im Jahre 1965 spaltete sich die Firma in ihre einzelnen Abteilungen. Eine davon nannte sich von nun an 'Mitchell'. Die Firma wuchs rasch und produzierte zu ihren besten Zeiten 12.000 Rollen am Tag (1970). Doch Ende der 70er Jahre verschlechterte sich der Umsatz dramatisch. Die Ölkrise und eine stark gewachsene internationale Konkurrenz (vor allem aus Japan) sind hier sicher der Hauptgrund. Traurige Konsequenz war die Insolvenz 1981.

Doch es ging weiter. Die Rettung war Philippe Blime, der 1982 die Firma übernahm. Er wusste, dass Mitchell einen Namen mit Weltruf hat und dass noch Potential darin steckte. Seine Strategie für bessere Umsätze war eine zeitgemäßere Produktlinie einerseits, und eine erhebliche Kostenreduktion auf Herstellungsseite andererseits. Um Kosten zu sparen, wurde die gesamte Produktion in die USA verlagert. Obwohl seitdem keine Rolle mehr in Frankreich gebaut wurde, waren dennoch französische Konstrukteure maßgeblich an der Entwicklung beteiligt.

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Foto: Die legendäre Mitchell 300.

Nur 8 Jahre später, im Jahre 1990, wurde Mitchell von der 'Johnson Worldwide Associates' übernommen. Zu diesem Zeitpunkt waren fast 3 Millionen Mitchell 300 verkauft.

Text und Fotos: Wolfgang Kalweit